Motivation: Kommunikationskanäle (Telefon, Soziale Netzwerke, Suchdienste im Internet, ...) sind von Geheimdiensten kompromittiert *

Kontroll der Geheimdienste über die Kommunikationskanäle schwächt den Technologie-Standort Deutschland

"Von jedem von uns, der sich im Internet bewegt, werden ständig Daten wahrgenommen. Die zugrundeliegenden Technologien sind oft keine europäischen, und wir sind oft nur ihre Nutzer. Wir haben in Europa keine Suchmaschine von der Größenordnung von Google. Wenig von dem, was unser Leben heute bestimmt und was wir ganz selbstverständlich nutzen, hat Europa selbst erfunden." zitiert Zeit-Online die Bundeskanzlerin Merkel im jüngsten Interview am 10.07.2013. Der Neusprech der Bundeskanzlerin "Daten werden wahrgenommen" hat m.E. verdient zum Unwort des Jahres nominiert zu werden. Normalerweise wird für diese Art der Wahrnehmung von Daten das Wort "abgehört" verwendet.

Die spannende Frage ist, ob die Bundeskanzlerin sich darüber Gedanken gemacht hat, ob die Vorreiter-Rolle der USA in Internet-Technologien bzw. die herausragende Stellung der USA, was die Zahl der Nobelpreisträger angeht evtl. kein Ergebnis eines fairen Wettbewerbs auf dem freien Markt sind, sondern das Ergebnis der Vorreiter-Rolle der USA in Sachen Überwachung der weltweiten Kommunikation und der bis dato geheim gehaltenen Zusammenarbeit der Medienkonzerne, Kommunikationsdienstleister mit den US-Geheimdiensten ist. Diese Zusammenarbeit dürfte für alle Beteiligten erhebliche Vorteile bringen - Stichwörter, die mir in diesem Zusammenhang einfallen, sind steuerliche Begünstigungen, Industriespionage und Plagiat. Vor einem Ideenklau würde doch eine Industrienation wie USA nicht zurückschrecken, insbesondere wenn es um die Interessen der nationalen Sicherheit geht?

aus digitalem Gehege ausbrechen


"Tierheim Süderstraße - Hundezwinger05" by GeorgHH - Own work (Own photo). Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons.

In einer engen vertrauensvollen Zusammenarbeit haben die weltweit agierende Medienkonzerne und nationale Regierungen es geschafft die Scharen der Internet-Nutzer (Netizens) im digitalen Gehege (Neudeutsch Cloud ;-) zusammenzutreiben. Das Gehege ist in einzelne Zellen unterteilt, die kundengerecht eingerichtet sind und Namen bekannter Medienkonzerne tragen. Eine Arbeitsteilung bei der unter dem Deckmantel "Kampf mit dem Terrorismus" propagierten Gehege-Unternehmung funktioniert einwandfrei. Die Medienkonzerne rühren mächtig die Werbetrommel und kümmern sich um stetigen Zuzug sowie gute Laune der Gehege-Community.

Die Regierungen sorgen für eine wirtschaftsfreundliche Besteuerung der Medienindustrie, millionenschwere Aufträge an die Medienkonzerne, schlagkräftige Allianzen der Medienwirtschaft werden geschmiedet und finden ein offenes Ohr bei staatlichen Einrichtungen [1], [2]. Die Präsenz der Bundesregierung bei einschlägigen Online-Diensten suggeriert eine Solidität und Vertrauenswürdigkeit der bunt bemalten digitalen Zellen im Internet-Gehege. Damit die Netizens im Gehege kein Unfug anstellen, haben die Regierungen über das Treiben von Netizens eine Aufsicht in Form von milliardenschweren Geheimdienstprogrammen wie PRISM installiert. Weil der Aufwand für eine lückenlose Überwachung die Gewinnspanne der Medienriesen schmälern kann (Wichtig! - die privaten Gehege als public-private Partnership-Unternehmung müssen Gewinn abwerfen!), wachen 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr von der Wissenschaft erfundene Algorithmen (Stichwörter dabei sind Ableitungen, die Abhängigkeiten) darüber, ob das Verhalten von Netizens normal, sprich marktkonform ist. Welches Verhalten normal, unauffällig und ungefährlich ist, blieb bis dato ein Staatsgeheimnis. Wenn du der Meinung bist, dass du nichts zu verbergen hast und eine rund um die Uhr Gehege-Überwachung mehr zu deiner Sicherheit beitragen kann, dann haben die Politik und Gehege-Betreiber im Wesentlichen ihre Ziele erreicht. Du kannst aber einiges tun, um das Gehege zu verlassen ...

ich kenne die Risiken und Nebenwirkungen eines totalitären Staates

Ich bin in einem totalitären Staat groß geworden. Und ich habe vor knapp zwei Jahrzehnten auf mich die Strapazen einer Auswanderung genommen, Freunde und Verwandte verlassen und bin aus einem der Staaten der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland, in den freien Westen ausgewandert. Ich kenne die Risiken und Nebenwirkungen eines totalitären Staates zu gut. Das Gefühl, einer staatlich legitimierten Willkür ausgesetzt zu sein, war ein der wichtigsten Gründe, um die Geburtsheimat, die gewohnte Umgebung zu verlassen und eine Existenz in einem anderen Land aufzubauen. Einige Erwartungen, was die demokratische Freiheiten in der Bundesrepublik Deutschland betrifft, haben sich erfüllt. Jetzt muss ich aber mit Entsetzen feststellen, dass der Staat in westlichen Demokratien versucht dem Bürger zu suggerieren, dass nur eine totale Überwachung für ausreichend Sicherheit und Bestand der demokratischen Werte sorgen kann. So eine Botschaft kann ich nur als Hohn über die demokratische Werte empfinden.

Einer Situation ausgesetzt zu sein, wo feststeht, dass man als Individ, als freier Mensch bei jeglicher Aktivität, der kleinsten Rührung im digitalen Lebensraum der Überwachnugswillkür der Geheimdienstler ausgesetzt ist, ist unerträglich. Im digitalen Lebensraum allgegenwärtige Geheimdienste (können) sehen, was du tippst, was du siehst, was du suchst. Und noch mehr - sie können deine persönliche und auch die globale Informationsflüsse manipulieren - ohne dass du, dein Kommunikationspartner oder die Allgemeinheit was davon mitbekommen. Also können die Geheimdiensteden Gott spielen und uns im digitalen Lebensraum die Welt präsentieren, die sie, die Geheimdienste, für gut und richtig halten. Die s.g. freie und unabhängige Medienberichterstattung können wir uns sparen - die ist angesichts der totalen Überwachung nichts als ein Relikt aus früheren Zeiten, wo die Geheimdienste von einer Überwachung der weltweiten Kommunikation a'la PRISM nur träumen dürften.

Totale Überwachung degradiert die Pressefreiheit zu einer Farce

  • unabhängig von Panoptismus-Effekten, die eine totale Überwachung zwangsläufig verursacht, ist es m.E. keine Frage ob, sondern in welchem Umfang die Geheimdienste hier und jetzt:
    • die Informationsflüsse im Internet und somit die öffentliche Meinung manipulieren
    • die während der Überwachung gewonnene Informationen vorbei an der nationalen Gesetzgebung und internationalen Verträgen zum Vorteil eigener Nationalstaaten oder einiger wenigen multinationalen Großkonzerne verwenden
  • so ein Verhalten von staatlichen Strukturen hat auch nicht unbedingt was mit dem Internet-Zeitalter zu tun. So haben sich manche Staatsdiener und Superreiche bereits immer verhalten - allein um eigene Daseinsberechtigung zu rechtfertigen bzw. aus der Motivation heraus, die eigenen Existenz zu sichern:
    • man denkt sich Aufgaben aus, von dem die Allgemeinheit GLAUBEN muss, dass diese SEHR, SEHR wichtig sind und am besten die höchste Geheimstufe haben
    • dadurch erreicht man, dass wenig bis gar keine Kontrolle seitens der Allgemeinheit, bspw. des Gesetzgebers stattfindet
    • und dann schaltet und waltet man so, wie es einem g'rade danach ist
    • angenehmer Umstand ist, dass die Allgemeinheit diese Umtriebe der Staatsdiener und Großkonzerne auch noch fürstlich entlohnt
  • die allgegenwärtige hocheffiziente IT-Technik und mit Milliarden Euros dotierten Etats der Überwachungsprojekte verstärken lediglich im Vergleich zu früheren Zeiten die Gefahr, dass die Geheimdienste sich jeglicher gesellschaftlicher Kontrolle entziehen, sich verselbständigen und schleichend oder auch ruckartig die Oberhand in der Gesellschaft gewinnen
  • und so was darf nicht passieren
    • Geheimdienste müssen DIENSTE bleiben - Geheimdienste müssen der Allgemeinheit dienen und keinesfalls sich anmaßen, zu bestimmen, wo es lang geht. Und insbesondere wenn es darum geht den Schutz solcher in der Verfassung verankerten Grundrechte wie das Recht auf Privatsphäre aufzuweichen bzw. auszuhebeln.
  • in einer Gesellschaft, in der die Geheimdienste eine totale Überwachung der digitalen Kommunikation durchgesetzt haben kann vom journalistischen Quellenschutz keine Rede sein. Whistleblower werden kriminalisiert und sind gezwungen - genauso wie Terroristen - auf überwachungsresistente konventionelle Kommunikatinskanäle wie ein persönliches Gespräch oder Postbrief auszuweichen. Ein gravierender Rückschritt, was die Kommunikationskanäle betrifft in ein Zustand, der dem 19. Jarhundert entspricht und dementspechend die Pressefreiheit in der heutigen schnellebigen Medienlandschaft behindert oder gar unmöglich macht.

* kompromittierte Medien

als kompromittiert sind in diesem Kontext Kanäle bzw. Medien gemeint, von den Medien selbst berichten, dass hier persönliche Daten der Nutzer von Geheimdiensten "wahrgenommen" - (Neusprech der Bundeskanzlerin Merkel, bis jetzt wurde dafür das Wort "abgehört" verwendet) - und gespeichert werden. Weiterführende Informationen ...


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